Das Blühende Barock in Ludwigsburg feiert dieses Jahr sein 70-jähriges Jubiläum. Den schönen Schlosspark mit dem Märchengarten, der alle Kinderaugen zum Leuchten bringt, verdankt Ludwigsburg einem Visionär, der sein Projekt mit größter Leidenschaft und entgegen allen Widerständen durchgesetzt hat.
Albert Schöchle, der Vater des Blühenden Barocks
Albert Schöchle war ein Visionär, ein Macher, ein Gegen-Mauern-Kämpfer – und ein Glücksfall für Ludwigsburg. Die Frage stellt sich: Was wäre Ludwigsburg ohne ihn geworden? Eine Stadt mit einem normalen Schlossgarten oder gar eine Stadt wie jede andere?
Was wäre gewesen, wenn Albert Schöchle bereits beim geringsten Widerstand aufgegeben hätte? Zum Glück wissen wir das nicht. Denn Schöchle hat es mit Beharrlichkeit und Raffinesse geschafft seine Ideen zu verwirklichen und hat sich mit dem Blühenden Barock und dem Märchengarten schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt.
Albert Schöchle hat Ludwigsburg mit seinem Blühenden Barock und dem Märchengarten weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt gemacht. Dafür wurde ihm – neben vielen anderen hohen Auszeichnungen und Ehrungen – 1990 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Ludwigsburg verliehen. Denn, so wörtlich, „mit der Schaffung des Reise- und Naherholungsziels „Blühendes Barock“ verlieh er Ludwigsburg erstmals den Charakter einer Fremdenverkehrsstadt“. Ludwigsburg hat Albert Schöchle eine Menge zu verdanken.
Die Idee zur Gartenschau Blühendes Barock
Beim Besuch der Bundesgartenschau 1951 in Hannover gewann Schöchle die Überzeugung, dass man in Ludwigsburg eine wesentlich bessere Gartenschau durchführen und somit den Park auf einen Schlag in Ordnung bringen könnte. Er war überzeugt von seiner Idee, denn ein aktueller Anlass, besser gesagt sogar zwei, ließen sich auch finden.
1954 wurde das Schloss Ludwigsburg 250 Jahre alt und der Württembergische Gärtnereiverband konnte sein 50- jähriges Bestehen feiern. Noch in Hannover trug Schöchle seine Idee dem Präsidenten des Württembergischen Gärtnereiverbandes vor, und auch er war davon recht angetan. Aus Hannover zurückgekehrt, begann Schöchle mit den Planungen für die Gartenschau.
Als im Frühjahr 1952 Pläne und Modell fertig waren, legte Schöchle beides dem Finanzministerium vor. Da Ludwigsburg der Wahlkreis des Ministers war, interessierte er sich persönlich für diese Pläne. Der Minister war skeptisch, was die Finanzierung der Gartenschau betraf. Er wollte, auch seines Wahlkreises wegen, die Pläne nicht ablehnen. So gab er den “Schwarzen Peter” an die Stadt Ludwigsburg weiter. Er verlangte, dass sich die Stadt Ludwigsburg finanziell an der Gartenschau beteiligen muss.
Schöchle hatte dies bereits vorausgesehen und schon den Oberbürgermeister vorbereitet. Oberbürgermeister Dr. Elmar erkannte die Chance für seine Stadt. Auch der Gemeinderat stimmte Schöchles Projekt zu. So blieb dem Finanzministerium nichts anderes übrig, als die Gartenschau zu genehmigen. Am 23. März 1953 genehmigte Finanzminister Dr. Karl Frank den Beginn der Pflanz- und Planierungsarbeiten.
Vorbereitungen für die Eröffnung der Gartenschau
Es waren noch 13 Monate Zeit bis zur Eröffnung der Gartenschau. Die Zeit war knapp für die vielen Arbeiten: Allein im südlichen Schlossgarten waren 100.000 Kubikmeter Erde zu bewegen. Erst danach konnten Wege gebaut, Hecken gepflanzt, Blumenbeete angelegt und Rasen angesät werden. Ähnlich sah es auch im restlichen Gelände aus. So mussten zum Beispiel Wege neu angelegt werden und für die Versorgung der Besucher ein Festzelt, eine Milchbar und eine Kaffeerestaurant sowie einige Verkaufsstände errichtet werden.
Man improvisierte, wo es nur ging, und bald hatte man einen Stamm fleißiger und tüchtiger Arbeiter. Von der amerikanischen Truppe bekam Schöchle zwei große Planierraupen gestellt, die die Erdbewegungen übernahmen. Die einzige Gegenleistung waren Cola und Rostbraten für die Raupenfahrer. Schöchle musste nicht einmal den Treibstoff bezahlen, da die Tätigkeit als willkommene militärische Übung angesehen wurde.
Im Herbst 1953 waren die meisten Flächen so weit planiert, dass die Beete angepflanzt werden konnten. Es mussten nun Zehntausende Gehölze und Hunderte von Metern Hecke gepflanzt werden. Aus verschieden Baum- und Rosenschulen kamen 22.000 Rosen. Weiterhin wurden 400.000 Goldlack, Vergissmeinnicht, Stiefmütterchen und andere Frühlingsblüher angezogen. Ebenso waren eine halbe Millionen Blumenzwiebeln und einige hunderttausend Stauden zu verarbeiten.
70 Jahre Blühender Barock sowie 65 Jahre Märchengarten und 25 Jahre Kürbisausstellung – diese besonderen Jubiläen verlangen nach einem echten Weltrekordversuch: In diesem Jahr sollen gleichzeitig 70 Modell-Ballone aufsteigen. Doch auch ohne Rekord ist der Blühende Barock in Ludwigsburg mit seinem Märchengarten noch heute ein Juwel der Gartenkunst und eine Oase der Ruhe für seine vielen Gäste aus aller Welt. Zum großen Jubiläumsjahr gratuliere ich sehr herzlich!
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident Baden-Württemberg
In den Gärten war noch viel zu tun, wobei das Wetter äußerst ungünstig war. So musste man zum Beispiel an Ostern bei Schneegestöber arbeiten. Da man die meisten Rasenflächen erst im Frühjahr ansäen konnte, war acht Tage vor der Eröffnung gerade ein grüner Flaum zu erkennen. Alle Vorbereitungen waren abgeschlossen und Schöchle hatte auch den Namen „Blühendes Barock“ durchsetzen können.
Die Gartenschau wird zur Dauerausstellung
Am Morgen des 23. April 1954 setzte nach schweren Regenwochen pünktlich zur Eröffnung durch den Ministerpräsidenten endlich strahlend schönes Wetter ein. Etwa 70 Prozent der Ludwigsburger über 8 Jahre lösten Dauerkarten. Dies war noch bei keiner Gartenschau in Deutschland da gewesen. Bereits im Mai konnte man den 500.000 Besucher feiern.
Der absolute Höhepunkt im Jubiläumsjahr 1954 und wohl auch mit der größten Anerkennung für Albert Schöchle und “sein” Blühendes Barock war der Besuch des Bundespräsidenten Theodor Heuss, der sich von Schöchle durch das Blühende Barock führen ließ. An diesem strahlend schönen Tag waren etwa 80.000 Menschen erschienen. Damit war das Blühende Barock zwar hoffnungslos überfüllt, aber für viele war es doch ein einmaliges Erlebnis.
Als im Herbst 1954 die Gartenschau beendet wurde, hatten fast 2,5 Millionen Tagesgäste die Ludwigsburger Gartenschau besucht. Dadurch konnte nicht nur der gesamte Ausstellungsbetrieb selbst aus den Einnahmen finanziert werden, sondern auch der weitaus größere Teil der Umgestaltung. Es blieb nur ein Rest von DM 150.000, der aber durch Sachwerte mehr als reichlich abgedeckt war. Schöchle konnte das Prädikat in Anspruch nehmen, die erste große Gartenschau veranstaltet zu haben, die sich finanziell selbst getragen hat.
Das Blühende Barock war der Stadt und der Bevölkerung liebstes Kind geworden. Der Gemeinderat der Stadt beschloss daher einstimmig, das Land zu bitten, die GmbH weiterhin bestehen zu lassen und das Blühende Barock als Dauergartenschau zu betreiben. Und aus der für 6 Monate geplanten Jubiläumsgartenschau “Blühendes Barock“ wurde die Dauergartenschau, die mittlerweile auf ein 55-jähriges Bestehen zurückblicken kann, wobei viele, die Albert Schöchle gut kannten, sich sicher sind, dass er diese Gartenschau nicht wirklich nur für 6 Monate geplant hatte – ein echtes Schlitzohr eben.
Das Blühende Barock und der Märchengarten stehen für die Lebensqualität in unserer Stadt. Viele Ludwigsburger, aber auch Besucher und Touristen verbinden damit Kindheitserinnerungen, Zeit mit Freunden und Familie sowie erholsame Tage in der Natur.Hier kommen Jung und Alt zusammen. Das finde ich besonders schön. Auf viele weitere Jahre voll blühender Gärten und gemeinsamer Erlebnisse!
Matthias Knecht, Oberbürgermeister von Ludwigsburg
Der Märchengarten wird zur Attraktion
Am 16. Mai 1959 war es dann endlich soweit. Mit nicht geringer Spannung wurde von allen Beteiligten die Reaktion der Bevölkerung auf diesen Märchengarten erwartet. Albert Schöchle selbst war nach wie vor fest überzeugt, dass das Unternehmen einschlagen würde, aber mit der Reaktion, die sich einstellte, hatte auch er nicht gerechnet. Die Einnahmen stiegen um über 50 Prozent und im Jahr 1960 lagen sie sogar 100 Prozent über denen des Vorjahrs.
Der Grund war sehr einfach. Dank des Märchengartens brachten jetzt die Kinder ihre Eltern ins Blühende Barock. Aber damit die Besucher des Märchengartens bestimmt auch den ganzen Park erlebten, siedelte er die Märchenfiguren in seiner hintersten Ecke an. Auch das hat sich sehr bewährt, denn viele Erwachsene, die eigentlich nur den Kindern zuliebe den Garten aufsuchten, waren von der Blumenpracht überrascht und beschlossen, den Besuch zu wiederholen. Quasi durch die Hintertüre vermittelte man Eltern und Kindern die Freude an den Pflanzen und Blumen des Schlossparks.
Phantasie spielt wichtige Rolle
Eine weitere wichtige Aufgabe sah Schöchle darin, die Phantasie der Kinder anzuregen. Deshalb wurde, bis auf zwei Ausnahmen, jeweils nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Märchen gezeigt. Natürlich bezog er auch später noch „Prügel“ für die Idee und davon nicht zu wenig: die Anlage sei Kitsch und keine Kunst. Aber erstens sei dies Geschmacksache und zweitens bedeutete der Märchengarten die finanzielle Rettung des Blühenden Barock, betonte Schöchle immer wieder.
In den Jahren und Jahrzehnten seit 1959 hat er regelmäßig zusätzliche Attraktionen bekommen. Schöchle selbst hat den Märchengarten nach dem Riesenerfolg in 1959 langsam weiter ausgebaut und dabei immer den Wert des Märchengartens für die Kinder im Vordergrund gesehen. ‘’Das Lächeln eines Kindes und das freudige Aufleuchten seiner Augen sind mir mehr wert als das Nicken von hundert Rauschebärten’’, hat er einmal gesagt. Wenn man die Kinder im Märchengarten sieht, weiß man, was er gemeint hat.
Märchengarten kann neben großen Freizeitparks bestehen
Der Märchengarten hat seither nichts von seinem Charme eingebüßt. Im Gegenteil. Durch den behutsamen Ausbau konnte der Erlebniswert ständig gesteigert werden – ohne aufdringlich zu wirken und ohne Attraktionen in neuzeitlichen Freizeitparks nacheifern zu wollen. Die Macher des Blühenden Barocks sind der festen Überzeugung, dass diese Form des Erlebens von Märchen die Fantasie, vor allem unserer Kinder, anregt. Das Märchen ist eine einmalige Kunstform, die auch im Zeitalter des elektronischen Spielzeuges und der virtuellen Welten nichts von ihrer Faszination verloren hat.
Heute kann der Märchengarten seinen 65. Geburtstag feiern – Schöchle hat mit ihm ein zweites Standbein für das Blühende Barock geschaffen. Aktuelle Besucherbefragungen belegen, dass knapp 50 Prozent der Besucher wegen des Märchengartens ins Blühende Barock kommen. Und Albert Schöchle hat es geschafft zig-millionen Kinderaugen zum Leuchten zu bringen. Viele „kleine“ Besucher von 1959 kommen heute bereits mit ihren Enkeln ins Blühende Barock und den Märchengarten und können bereits in der dritten Generation die Märchen erleben. Die 9 ersten Märchenszenen und Attraktionen, die Schöchle damals erschuf, sind heute noch in fast unveränderter Form im Märchengarten zu sehen und begeistern immer noch die Kinderherzen.
Als gebürtiger Ludwigsburger, der unweit des Schlosses am Hohenzollernplatz aufgewachsen ist, habe ich natürlich eine Menge Erinnerungen an alles, was rund um unser wunderschönes Schloss passiert ist, welche Pflanzenpracht dort jedes Jahr erneut aus dem Boden sprießt, und allem voran natürlich an den Märchengarten. Bis heute erinnere ich mich an meine erste Begegnung mit dem Papierdrachen, der mich so fasziniert hat, dass ich meiner Mutter ihre gesamten Tempotaschentücher abgeluchst habe, um das hungrige Tier zu füttern. Der barocke Charme, der vom Blüba in die gesamte Stadt getragen und gelebt wird, macht mich sehr stolz auf meine Heimatstadt.
Andreas Bär-Läsker, Musikmanager
Albert Schöchle hat in seinem aktiven Dienst im Blühenden Barock bis 1975 den Märchengarten weiter ausgebaut und zahlreiche neue Attraktionen geschaffen. Aber auch im Ruhestand, den man bei ihm richtigerweise als Unruhestandbezeichnen muss, hat er als Aufsichtsratsmitglied der BlüBa GmbH die Geschicke der Gartenschau aus dem Hintergrund mitgesteuert.
Für seine Arbeit hat er zahlreiche Auszeichnungen erhalten, unter anderem das Große Bundesverdienstkreuz und die Carl-Haußmann-Medaille in Gold des Württembergischen Gärtnereiverbandes. Außerdem war er Ehrensenator der Universität Hohenheim und Ehrenmitglied des deutschen Zoodirektorenverbandes.
Albert Schöchle starb am 10. August 1998 – durch „sein“ Blühendes Barock und „seinen“ Märchengarten wird der Name Albert Schöchle jedoch definitiv unvergesslich bleiben.
Informationen rund um das BlüBa gibt es auf der Homepage.