(Bildquelle: MYLIUS Apotheke)

Cannabis als Medizin – Zwischen Stigma und Therapie

War Cannabis früher vor allem eines – eine Droge - ist medizinisches Cannabis heute jedoch fester Bestandteil vieler Apotheken.

Noch vor wenigen Jahren war Cannabis in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem eines: eine Droge. Heute jedoch ist medizinisches Cannabis fester Bestandteil vieler Apotheken. Seit der Gesetzesänderung im März 2017 dürfen Ärzte nun Cannabis als Arzneimittel verschreiben – ein Paradigmenwechsel, der Hoffnung aber auch Hürden mit sich bringt.

Fangen wir einmal ganz von vorne an: Das „Cannabisgesetz“ erlaubt die Verordnung von Cannabisblüten und -extrakten auf Rezept, sofern eine Erkrankung der vorliegt und andere Therapien ausgeschöpft sind. Die Entscheidung liegt im Ermessen Ärzte doch die Genehmigung durch die Krankenkassen ist Voraussetzung für die Kostenübernahme. Besonders bei chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose, Spastiken oder Krebsleiden wird Cannabis eingesetzt. Doch auch Patienten mit Angststörungen oder Schlafproblemen hoffen auf Linderung.

Cannabis in Zahlen: Zwischen Bedarf und Genehmigung

Seit 2017 sind die Verordnungen kontinuierlich gestiegen. Laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukt (BfArM) wurden allein 2022 über 230.000 Verordnungen erstattet. Dennoch berichten viele Patienten von langwierigen Genehmigungsverfahren und Ablehnungen. Die meisten Verschreibungen betreffen Cannabisblüten, gefolgt von Extrakten und Dronabinol. Der Markt ist im Wandel – neue Anbieter und Start-ups drängen auf den Markt, die Digitalisierung eröffnet neue Wege der Versorgung.

Apotheken arbeiten am Ruf von Cannabis. (Bildquelle: George Dagerotip für Unsplash+)

Die Wirkung: Was sagt die Wissenschaft?

Medizinisches Cannabis wirkt über zwei Hauptwirkstoffe: THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). THC lindert Schmerzen und regt den Appetit an, kann aber auch psychoaktive Nebenwirkungen haben. CBD wirkt beruhigend, angstlösend und entzündungshemmend – jedoch ohne „High“. Studien belegen die Wirksamkeit bei bestimmten Indikationen, doch die Datenlage ist teils dünn. Freiverkäufliches CBD-„Lifestyle“-Öl ist kein Arzneimittel, unterliegt geringeren Kontrollen und hat deutlich niedrigere Wirkstoffkonzentrationen.

Hürden: Zwischen Hoffnung und Hindernissen

Im nüchternen Apothekenalltag zeigt sich uns eines: Viele Patienten kämpfen mit der Bürokratie. Vorurteile gegenüber Cannabis halten sich hartnäckig – bei Kassen, Ärzten und teils auch im sozialen Umfeld. Besonders kritisch sehen viele Kollegen die Rolle von Telemedizin-Anbietern: Sie erleichtern ihrer Meinung zwar den Zugang bei leichteren Beschwerden wie Schlaflosigkeit oder Rückenschmerzen und tragen zur Eindämmung des Schwarzmarktes bei, doch fehlt häufig die eingehende medizinische Prüfung.

Andererseits ist zu sagen: Eben durch die zunehmende Verbreitung telemedizinischer Angebote erhalten Patienten heute deutlich einfacher Zugang zu legaler Cannabis-Medizin – bequem und diskret von zuhause aus. In Kombination mit der seit April 2024 erlaubten Möglichkeit zum Eigenanbau führt dies zu einer spürbaren Entlastung des Schwarzmarkts. Denn wer legal, sicher und ärztlich begleitet versorgt wird, hat keinen Grund mehr, auf unsichere oder illegale Quellen zurückzugreifen.

Der Anbau von medizinisischem Cannabis erfolg fast schon industriellen Maßstäben. (Bildquelle: Unsplash / Richard T)

Ein Blick nach vorn: Medizin mit Potenzial(?)

Die Zukunft der Cannabis-Medizin ist vielversprechend: Neue Studien, verbesserte Galenik, digitale Patientenplattformen und internationale Erfahrungen (z. B. in Kanada oder Israel) könnten den Umgang weiter professionalisieren. Auch die Legalisierung von Genusscannabis in Deutschland könnte den medizinischen Markt entlasten – wenn klare Trennlinien gezogen werden.

Fazit

Cannabis ist kein Wundermittel, aber für viele Patienten ein echter Fortschritt. Es bringt Linderung, wo andere Mittel versagen, und steht für einen Wandel im Denken. Als Apotheker sehe ich die Chancen – und die Verantwortung, mit Aufklärung und Sorgfalt zu beraten. Der Weg zur Normalität ist noch lang – aber er hat begonnen.

Ein Beitrag von Alexander Meyer und Julian Walter

Alexander Meyer leitet die Mylius Apotheken in dritter Generation. Gegründet 1977 am Schillerplatz, hat sich die Apotheke mit mittlerweile vier Standorten in Ludwigsburg zu einem modernen Gesundheitsdienstleister entwickelt. In seinen Apotheken legt Alexander Meyer großen Wert auf individuelle Beratung, ein umfangreiches Sortiment und erstklassigen Service.

 

Julian Walter ist Apotheker und Filialleiter der Mylius Apotheke Oststadt. Dort ist er unter anderem hauptverantwortlich für den Bereich „medizinisches Cannabis“.

www.mylius-apotheke.de

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